Ende der Ausgangssperren: Kein Ruhmesblatt

"Lockerungen sollten auch bei höheren Werten möglich sein"

Gesundheitsminister Manfred Lucha hatte regionale Lockerungen der nächtlichen Ausgangsbeschränkungen explizit ausgeschlossen. Nun kommen sie per Gerichtsentscheid; das ist kein Ruhmesblatt für die Landesregierung. Ein Freifahrtschein ist es aber auch nicht: Auf Kreise mit hoher Inzidenz kommt nun mehr Eigenverantwortung zu. Auf die Bürgerinnen und Bürger aller anderen Gebiete erst recht.¹

Städte- und Gemeindebund NRW: Inzidenz von 50 darf kein Fetisch sein

Vor dem Bund-Länder-Gipfel zur Corona-Strategie hat der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW, Christof Sommer, davor gewarnt, Lockerungen vom Erreichen einer Sieben-Tages-Inzidenz von 50 abhängig zu machen. „Wir müssen die Gesamtsituation im Blick haben. Klar ist: Die Zahlen müssen sinken. Der Inzidenzwert von 50 darf aber kein Fetisch sein“, sagte Sommer dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ . „Entscheidend ist die Kontrolle“, fügte er hinzu. „Wenn das Infektionsgeschehen nicht diffus ist und man Ausbruchsherde identifizieren kann, sollten Lockerungen auch bei höheren Werten möglich sein“, sagte Sommer. Ein wichtiger Faktor sei die Auslastung des Gesundheitswesens.²

Grüne sehen Versäumnisse bei Erforschung der Virus-Übertragung

Vor Corona-Gipfel: Grünen-Politiker fordern 500-Millionen-Euro-Paket für Medikamente - Versäumnisse machten „längeren, allgemeinen Lockdown nötig“

Vor dem nächsten Corona-Gipfel von Bund und Ländern am Mittwoch haben führende grüne Gesundheits- und Forschungspolitiker die Bundesregierung aufgefordert, mehr Forschung zur Wirksamkeit der Corona-Maßnahmen zu veranlassen. „Es findet kein systematisches, wissenschaftliches Monitoring zur Wirksamkeit einzelner Eindämmungsmaßnahmen statt. Diese Versäumnisse machen einen längeren, allgemeineren Lockdown nötig“, heißt es in einem Papier der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Maria Klein-Schmeink, des forschungspolitischen Sprechers Kai Gehring und der Sprecherin für Pflegepolitik, Kordula Schulz-Asche, das der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vorliegt.

Es sei nach wie vor nicht bekannt, wie Übertragungen unter bestimmten Umständen stattfinden. „Für eine differenzierte und verantwortungsvolle Öffnung müssen diese Forschungsfragen schleunigst adressiert werden“, fordern die Grünen-Politiker. „Die Bundesregierung hat versäumt, die Virus-Übertragung in speziellen Umfeldern wie dem öffentlichen Nahverkehr oder der Schule gezielt und systematisch erforschen zu lassen“, kritisiert Kai Gehring in der „NOZ“. Um neue Virus-Varianten frühzeitig zu entdecken und nachverfolgen zu können, fordern die Grünen-Politiker, PCR-Tests flächendeckend auf die Varianten zu untersuchen. Die Gesundheitsämter müssten personell besser unterstützt werden, „damit die Schwelle möglicher Kontaktnachverfolgungen nicht noch ein weiteres Jahr bei 50 Fällen pro 100 000 Einwohner liegt, sondern weiter angehoben werden kann“.

Die Grünen fordern außerdem ein Förderprogramm in Höhe von 500 Millionen Euro, um wirksame Medikamente gegen Covid-19 zu entwickeln. „Bei der Impfstoffverteilung kommt es zu immer neuen Verzögerungen, und der Zeitplan der Impfstrategie wird immer wieder aufs Neue gestreckt. Das verdeutlicht, dass wirksame Medikamente gegen Covid-19 noch lange Zeit zentral für die Eindämmung der Pandemie sein werden“, heißt es in dem Papier. Auch bei der Erforschung von Langzeitfolgen von Covid-19 hinke Deutschland hinterher. „Hier brauchen wir endlich umfangreichere Erkenntnisse, um eine angemessene Versorgung und Nachbehandlung von Covid-19-Patienten sicherzustellen“, fordert Fraktionsvize Maria Klein-Schmeink in der „NOZ“.³

¹Jens Schmitz - Badische Zeitung ²Kölner Stadt-Anzeiger ³Neue Osnabrücker Zeitung

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