Nach dem Terror von Berlin: Es riecht nach Behördenversagen

Verdacht mit Fragezeichen

Die Spur des Terrors führt nach NRW. Zunächst blieb unklar, ob der europaweit gesuchte Anis Amri tatsächlich den Lkw in den Berliner Weihnachtsmarkt gesteuert und zwölf Menschen umgebracht hat. Hinweise auf schweres Behördenversagen liefert der Tunesier jedoch allemal.

Nach dem Terror von Berlin: Es riecht nach Behördenversagen

Der 24-Jährige ist den Ermittlern seit Monaten als potenzieller Terrorist bekannt. Er gehört zur überschaubaren Zahl der islamistischen „Gefährder“, die besonders intensiv überwacht werden müssen. Sogar ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Vorbereitung einer staatsgefährdenden Straftat wurde gegen ihn eröffnet. Doch keine Stelle in Berlin, Düsseldorf und sonst wo wusste offenbar richtig, was der Mann wirklich treibt.

NRW scheint mal wieder eine Schlüsselrolle zuzufallen: Die Ausländerbehörde Kleve hatte Amri Duldungspapiere ausgestellt und war mit dessen Abschiebung gescheitert. Der Tunesier soll rege Kontakte zur besonders aktiven Salafistenszene in NRW unterhalten haben. Im Miteinander von Landes- und Bundesbehörden müssen allerhand Erkenntnisse abhanden gekommen sein. Wenn so die lückenlose Überwachung von Extremisten aussieht, schaudert es einen. Westdeutsche Allgemeine Zeitung

Natürlich muss der Mann mit allen zur Verfügung stehenden Kräften gesucht und hoffentlich bald festgenommen werden. Die im Tat-Lkw gefundenen Duldungspapiere, sein Hintergrund als islamistischer Gefährder, lassen daran keinen Zweifel. Gleichwohl sei daran erinnert, wie sicher man sich zunächst auch war, ein junger Pakistani habe den Anschlag verübt. Könnte es sein, dass jemand die Papiere deponiert hat, um eine falsche Spur zu legen? Polizei und Politik, so viel steht fest, wären endgültig blamiert, erwiese sich auch diese Fährte als Fake. Deshalb ist uns allen zu wünschen, dass die Ermittler sorgfältig arbeiten. Bestätigt sich der Verdacht, stellen sich neue Fragen. Wie es dazu kommen konnte, dass man Anis Amri nach kurzer Abschiebehaft nicht gründlicher überwachte, ist nur eine davon. Thomas Fricker - Badische Zeitung

Anschlag in Berlin

Auch wenn Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) gestern erklärte, die Beteiligung des gesuchten Tunesiers Anis Amri an dem Terroranschlag von Berlin sei noch nicht geklärt - für die Sicherheitsbehörden ist er der Top-Verdächtige. »Es besteht der dringende Verdacht, dass er mit dem Anschlag in direkter Verbindung steht«, heißt es in der polizeiinternen Fahndungsmeldung. Und: Wenn Polizisten ihn anträfen, sollten sie nicht zugreifen, sondern auf Spezialkräfte warten. Als 2015 in Hannover ein Fußball-Länderspiel wegen Terrorgefahr abgesagt wurde und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) nach den konkreten Gründen gefragt wurde, nannte er die nicht, sondern er sagte: »Ein Teil der Antworten würde die Bevölkerung verunsichern.« Heute verunsichern uns die Antworten, die der Minister nicht gibt.

Die entscheidenden Fragen an de Maizière und seinen Amtskollegen Jäger lauten: Wie konnte jemand, der als Gefährder eingestuft war, den die Sicherheitsbehörden auf dem Radar hatten, gegen den auf NRW-Initiative hin wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat ermittelt wurde, dessen Name im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum bekannt war - wie konnte so jemand quasi unter den Augen der Sicherheitsbehörden den zweitschwersten Terroranschlag in der bundesdeutschen Geschichte - nach dem Oktoberfest-Attentat 1980 mit 13 Toten - begehen?

Und wie konnte es geschehen, dass dieser offenbar gefährliche abgelehnte Asylbewerber kreuz und quer durch Deutschland reiste? Und warum wurde der Mann nicht dauerhaft observiert, wenn er schon nicht in Abschiebehaft genommen wurde? Wenn schon ein bekannter Gefährder ungehindert zuschlagen kann - was droht uns dann noch von Tätern, die bislang noch niemand auf dem Schirm hat? Angesichts der seit Jahren bekannten Terrorgefahr in Deutschland möchte man auf einen professionellen, schlagkräftigen, umsichtigen Sicherheitsapparat vertrauen. Aber so stellen sich Polizei und Geheimdienste in Deutschland leider nicht immer dar. Dass Anis Amris Brieftasche wohl erst beim Abschleppen des Lastwagens unter dem Fahrersitz entdeckt wurde - schlimm, wenn es so war und die Fahndung so um Stunden verzögert wurde. Aber es war nicht die erste Panne in Sachen Terror.

Vor den drei jugendlichen Sikh-Tempel-Attentätern war die Polizei nicht nur von einem Lehrer und einer Mutter gewarnt worden, zwei der Jungen waren sogar im Salafisten-Aussteigerprogramm »Wegweiser« - und trotzdem verhinderten Polizei und Verfassungsschutz den Bombenanschlag nicht. Deutschland ist noch immer eines der sichersten Länder. Dass das so bleibt - daran muss dringend gearbeitet werden. Westfalen-Blatt

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Eine Meinung zu "Nach dem Terror von Berlin: Es riecht nach Behördenversagen". Wie lautet Ihre?

  1. Anonymous   Donnerstag, 22. Dezember 2016, 15:04 um 15:04

    Wenn Versager sicherheitsrelevante Institutionen leiten ( die Misere /Inneres) kann eigentlich nur Versagen dabei herauskommen. Der Versager gibt Anweisungen heraus , aber da er ein Versager ist kann die Anweisung nur zum Versagen führen , da die ausführenden Organe zwangsläufig versagen müssen da sie nicht wissen das die Anweisung von einem Versager erstellt wurde. In diesem Moment der Ausführung versagt also die komplette Institution weil der Versager nicht erkennt das er ein Versager ist und somit die Schuld am Versagen der versagenden Institution trägt. Da er aber nicht als Versager da stehen will schiebt er das Versagen lieber auf andere Versager………..irgendwie bewegt sich da in Berlin etwas im Kreis und wenn es nur das Versagen ist!